Wiese oder Acker?
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Im Naturschutzgebiet „Burgau“ findet der Besucher südlich des Allmend bzw. nördlich und östlich der Ackerheck einige mit Obstbaumreihen begrenzte Wiesen. Diese Wiesen werden vom Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz (ILN) gutachtlich vorwiegend als „Fettwiese mittlerer Standorte“ geführt, eine FFH-Entwicklungsfläche.
Eine der Wiesen die südlich direkt an das Schilfgebiet „Allmend“ angrenzt, soll nun wieder der ackerbaulichen Nutzung zugeführt werden (Titelbild). Die Extensivierung wurde einst über die Landschaftspflegerichtlinie gefördert, die am 31.12.2013 ausläuft. Diese Wiese liegt in einem der wenigen durchgangsfreien Bereiche der Burgau. Zusammen mit dem Allmend bietet sie eine ausgezeichnete Deckungsmöglichkeit für alle wildlebenden Tiere. Die Rohrweihe nutzt die Wiese als Jagdrevier. Dieser Vogel ist im Zielartenschutzkonzept des Landes als eine „Zielart mit besonderer regionaler Bedeutung und mit landesweit hoher Schutzpriorität“ eingeordnet.
Die Stadt hält die Umwidmung der Wiese im Interesse einer ökologisch angelegten Landwirtschaft für zwingend. Sie will im Wechsel der Fruchtfolge genügend Gründünger bereit halten können. Ein Gespräch mit der Liegenschaftsverwaltung der Stadt am 01.02.2013 (über den BUND mit Hilfe „Bündnis 90/Die Grünen“ zustande gekommen) hat die Teilnehmer seitens des Bund, des NABU und der Jägervereinigung von dem ökologischen Konzept überzeugt. Die Verwendung der benannten Wiese als Ackerland in ökologischer Bewirtschaftung erschien nun vertretbar. Zumal die Ackerflächen südlich des Hofgutes Maxau fast vollständig zu Wiesen umgewandelt werden und damit der Bestand der Wiesen großzügig erweitert wird. Und da weitere Rückführungen in Ackerland nicht zur Debatte stehen.
Doch alles hängt noch vom Ergebnis zweier Termine ab. Die Liegenschaftsverwaltung bot eine Ortsbesichtigung im Februar d. J. an, die eine abschließende Beurteilung zulassen soll. Und mit dem neuen Pächter wird das Konzept abzustimmen sein. Bis dahin muss die Entscheidung über die Umnutzung dieser Wiese offen bleiben.
Interessant ist auch die Bedeutung der Wiesen, die immer wieder überflutet werden. Noch 1988 endete der Versuch einer ackerbaulichen Nutzung im angestauten Grundwasser. Die aktuellsten Bilder machen die Bedeutung nasser Wiesen für die großen Schreitvögel der Aue deutlich. Neben dem Graureiher hielt sich auf den Wiesen östlich der Ackerheck auch eine größere Zahl von Silberreihern auf. Eine Vogelart, der die Nasswiesen in der „Burgau“ entgegenkommen. Fachleute rechnen damit, dass der Silberreiher bei uns auch als Brutvogel heimisch werden könnte. Die diskutierte Wiese südlich des Allmend bleibt im Übrigen regelmäßig trocken, so dass ein solcher Einfluss der ackerbaulichen Nutzung nicht im Wege steht.
Noch ein kleiner Beitrag zur Landschaftsgeschichte: Landkarten der „Großh. Direktion des Wasser- und Straßenbaus“ aus der Zeit der Rheinbegradigung, hier von 1858, zeigen eine ausgedehnte Wiesenlandschaft zwischen Knielingen und Rhein. In diese Wiesen hinein wurde die Stadt, beginnend im 18. Jahrhundert, über den Landgraben entwässert. Ein Plan, entnommen dem Buch „Gesundheitspflege und Rettungswesen“ von 1882, zeigt das Niederschlagsgebiet des Landgrabens und die bewässerten Wiesenflächen.
Lange blieben die Wiesen in der Burgau und die extensive Nutzung erhalten. Bis in den 1960er Jahren konnte hier die Bekassine beobachtet werden. Industrialisierung und Intensivierung der Landwirtschaft haben den Wiesen und mit ihnen den an sie gebundenen Arten zugesetzt. Das Rheinparkkonzept verschafft diesem ökologisch wichtigen Biotoptyp wieder mehr Platz.
Anlagen:
Bilder
Landschaftspflegerichtlinie
Luftbild Google Earth von 2011
Karte für den Lauf des Rheins 1858 Großh. Dir. des Wasser- und Straßenbaus
Niederschlagsgebiet und Bewässerungsdistrikte 1882 Ortsgesundheitsrath
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max.albert.ka.@googlemail.com
Karlsruhe, den Februar 2013