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 DIE NATUR
Fragment
vermutl. Georg Christoph Tobler
(Aus dem"Tiefurter Journal" 1783)


Natur! Wir sind von ihr umgeben und umschlungen - unvermögend aus ihr
herauszutreten, und unvermögend tiefer in sie hineinzukommen. Ungebeten und
ungewarnt nimmt sie uns in den Kreislauf ihres Tanzes auf und treibt sich mit
uns fort, bis wir ermüdet sind und ihrem Arme entfallen. Sie schafft ewig neue
Gestalten; was da ist, war noch nie, was war, kommt  nicht wieder - Alles ist neu
und doch immer das Alte.


Wir leben mitten in ihr und sind ihr fremde. Sie spricht unaufhörlich mit uns und verrät uns ihr Geheimnis nicht. Wir wirken beständig auf sie und haben doch
keine Gewalt über sie. Sie scheint alles auf Individualität angelegt zu haben und
macht sich nichts aus den Individuen. Sie baut immer und zerstört immer und
ihre Werkstätte ist unzugänglich. Sie lebt in lauter Kindern, und die Mutter, wo
ist sie? - Sie ist die einzige Künstlerin: aus dem simpelsten Stoffe zu den größten Kontrasten: ohne Schein der Anstrengung zu der größten Vollendung - zur genausten Bestimmtheit immer mit etwas Weichem überzogen. Jedes ihrer
Werke hat ein eigenes Wesen, jede ihrer Erscheinungen den isoliertesten Begriff und doch macht alles eins aus.


Sie spielt ein Schauspiel: ob sie es selbst sieht, wissen wir nicht, und doch spielt sie's für uns, die wir in der Ecke stehen. Es ist ein ewiges Leben, Werden und Bewegen in ihr und doch rückt sie nicht weiter. Sie verwandelt sich ewig und es ist kein Moment Stillestehen in ihr. Fürs Bleiben hat sie keinen Begriff und ihren Fluch hat sie ans Stillestehen gehängt. Sie ist fest. Ihr Tritt ist gemessen, ihre Ausnahmen selten, ihre Gesetze unwandelbar.


Gedacht hat sie und sinnt beständig; aber nicht als ein Mensch, sondern als
Natur. Sie hat sich einen eigenen allumfassenden Sinn vorbehalten, den ihr
niemand abmerken kann. Die Menschen sind all in ihr und sie in allen. Mit allen
treibt sie ein freundliches Spiel, und freut sich, je mehr man ihr abgewinnt. Sie
treibt's mit vielen so im Verborgenen, dass sie's zu Ende spielt, ehe sie's merken. Auch das Unnatürlichste ist Natur. Wer sie nicht allenthalben sieht, sieht sie nirgendwo recht. Sie liebet sich selber und haftet ewig mit Augen und Herzen ohne Zahl an sich selbst. Sie hat sich auseinandergesetzt, um sich selbst 
zu genießen. Immer lässt sie neue Genießer erwachsen, unersättlich, sich mit-
zuteilen. Sie freut sich an der Illusion. Wer diese in sich und anderen zerstört,
den straft sie als der strengste Tyrann.Wer ihr zutraulich folgt, den drückt sie wie ein Kind an ihr Herz. Ihre Kinder sind ohne Zahl. Keinem ist sie überall karg, aber sie hat Lieblinge, an die sie viel verschwendet und denen sie viel aufopfert. Ans Große hat sie ihren Schutz geknüpft. Sie spritzt ihre Geschöpfe aus dem Nichts hervor, und sagt ihnen nicht, woher sie kommen und wohin sie geben. Sie sollen nur laufen. Die Bahn kennt sie.


Sie hat wenige Triebfedern, aber nie abgenutzte, immer wirksam, immer
mannigfaltig. Ihr Schauspiel ist immer neu,  weil sie immer neue Zuschauer
schafft. Leben ist ihre schönste Erfindung, und der Tod ist ihr Kunstgriff viel
Leben zu haben. Sie hüllt den Menschen in Dumpfheit ein und spornt ihn ewig
zum Lichte. Sie macht ihn abhängig zur Erde, träg und schwer und schüttelt ihn
immer wieder auf. Sie gibt Bedürfnisse, weil sie Bewegung liebt. Wunder, dass sie alle diese Bewegung mit so wenigem erreichte. Jedes Bedürfnis ist Wohltat.
Schnell befriedigt, schnell wieder erwachsend. Gibt sie eins mehr, so ist's ein
neuer Quell der Lust. Aber sie kommt bald ins Gleichgewicht.


Sie setzt alle Augenblicke zum längsten Lauf an und ist alle Augenblicke am Ziele. Sie ist die Eitelkeit selbst; aber nicht für uns, denen sie sich zur größten Wichtigkeit gemacht hat. Sie lässt jedes Kind an sich künsteln, jeden Toren über sie richten, tausend stumpf über sie hingehen und nichts sehen, und hat an allen ihre Freude und findet bei allen ihre Rechnung. Man gehorcht ihren Gesetzen, auch wenn man ihnen widerstrebt, man wirkt mit ihr, auch wenn man gegen sie wirken will. Sie macht alles, was sie gibt, zur Wohltat, denn sie macht es erst unentbehrlich. Sie säumet, dass man sie verlange, sie eilet, dass man sie nicht satt werde. Sie hat keine Sprache noch Rede, aber sie schafft Zungen und Herzen durch die sie fühlt und spricht. Ihre Krone ist die Liebe. Nur durch sie kommt man ihr nahe. Sie macht Klüfte zwischen allen Wesen und alles will sich
verschlingen. Sie hat alles isoliert um alles zusammenzuziehen. Durch ein paar
Züge aus dem Becher der Liebe hält sie für ein Leben voll Mühe schadlos.
Sie ist alles. Sie belohnt sich selbst und bestraft sich selbst, erfreut und quält sich selbst. Sie ist rau und gelinde, lieblich und schrecklich, kraftlos und allgewaltig. Alles ist immer da in ihr. Vergangenheit und Zukunft kennt sie nicht. Gegenwart ist ihr Ewigkeit. Sie ist gütig. Ich preise sie mit allen ihren Werken. Sie ist weise und still. Man reißt ihr keine Erklärung vom Leibe, trutzt ihr kein Geschenk ab, das sie nicht freiwillig gibt. Sie ist listig, aber zu gutem Ziele, und am besten ist's, ihre List nicht zu merken.


Sie ist ganz und doch immer unvollendet. So wie sie's treibt, kann sie's immer
treiben. Jedem erscheint sie in einer eigenen Gestalt. Sie verbirgt sich in tausend Namen und Themen und ist immer dieselbe. Sie hat mich hereingestellt, sie wird mich auch herausführen. Ich vertraue mich ihr. Sie mag mit mir schalten. Sie wird ihr Werk nicht hassen. Ich sprach nicht von ihr. Nein, was wahr ist und was falsch ist, alles hat sie gesprochen. Alles ist ihre Schuld, alles ist ihr Verdienst.

 

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Max Albert, NABU Gruppe Karlsruhe  | max.albert@mail.de