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Hofgut Maxau 2015

 

Eine Rede am Ende eines Engagements,

ausgearbeitet anlässlich der Auszeichnung für Verdienste im Ehrenamt, jedoch nicht vorgetragen.

(Beitrag im pdf-Format)

 

Seit Mitte der 80iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts arbeite ich für den Naturschutz, setze mich für ihn ein. Fast immer örtlich begrenzt auf ein 4 km² großes Gebiet im Westen der Stadt Karlsruhe. Die „Burgau“ hat einige Eigenheiten, die alle Abteile des Naturschutzes abdecken. Das Schutzgebiet wird umgeben von Großbetrieben und Bundesstraßen. Landwirte, Forstwirte, Jäger und Angler ernten ihre Früchte. Dieses über Jahrhundert hinweg kultivierte Land wurde 1989 in weiten Teilen zum Schutzgebiet für eine Natur erklärt, die alles andere als Gott gewollt da liegt. Der Boden und die Pflanzen als Grundlage für die Lebewesen wurden und werden vom Menschen geformt. Die Eingriffe sind und bleiben so massiv, dass es fortwährender Pflege des gewünschten Modells „Auenlandschaft in der Rheinniederung“ bedarf.

(Zwischenbemerkung: Es wurden 4,6 Mio Euro investiert, um den Knielinger See vorm Umkippen zu bewahren. Nach der Inbetriebnahme sind die letzten Schilfvorkommen abgestorben. Für diese Pflanze muss die Stadt neue Standorte einrichten. Hier ist der gute Wille von Eigentümer und Nutznießer gefragt. Da ist das Argument „Jetzt muss die Natur das ihre tun“ fehl am Platze.)

Ich bin als Amateur in das Engagement eingetreten und scheide als solcher aus. Ohne Gutachten von Fachleuten bin ich nicht ausgekommen. Ich habe dort angefangen, wo der Gutachter nicht hätte aufhören dürfen. Eine meiner Lieblingsformeln war von Beginn an die Unterstellung, dass nur wenige am Naturschutz wirklich interessiert sind, aber keiner seine Distanz auch bekennen möchte. D.h. eine zur Konfliktvermeidung zustimmende Aussage, sei es von Politik oder Verwaltung, muss bis zur endgültigen Zusage kultiviert werden. Beim Wort nehmen, das war meine Devise.

Die Verantwortlichen kamen damals, in den 80iger Jahren, nicht aus der Rolle heraus, Naturschutz für erstrebenswert vorzutragen. Mit dem Auftreten der Grünen, war die Annahme des Themas Naturschutz nicht mehr zu vermeiden. Das Waldsterben erregte die Gemüter. Es gab Neugründungen im Medienbereich, z.B. Radio Badenia, die dem Naturschutz Sendezeit angeboten haben. Ohne dieses Umfeld hätte mein Ansatz kaum zum Erfolg führen können. Interne Pläne sahen die Burgau bereits als Gewerbegebiet mit überörtlicher Ausstrahlung.

Und damals, und das ist wirklich wesentlich, lagen die Naturschutzämter noch nicht im Einflussbereich der Gebietsverwalter. Jetzt ist die untere Naturschutzbehörde Teil eines Entscheidungsapparates über viele Interessen hinweg. So verschwinden deren Argumente in der Bilanz der Abwägungen mit den Nutzungsinteressen.

(Zwischenbemerkung: Wie gefährlich es ist, die Partei des Natur- und Umweltschutzes eigenständig zur Sprache kommen zu lassen, zeigt die Untersuchung der „Belastungsgrenzen des Raumes Karlsruhe“ von 1995, die mit fachkundiger Aussage über das was noch machbar ist geendet hat. Da trat die Überschreitung der ökologischen Grenzen eindeutig zu Tage. Man verwarf dieses Werk, indem an seine Stelle 2012 die „ökologische Tragfähigkeitsstudie“ gesetzt hat. Die begnügt sich ausschließlich mit den amtlichen Unterlagen, die den Kompromiss zwischen Schutz und Nutzen bereits beinhalten.)      

Es gab einen Initiator, es gab einen Berater, es gab Mitstreiter. Ich möchte sie hier nennen: Prof. Dr. Rieder der Initiator, Herr Kussmaul der Berater und als ortsansässige Mitstreiter: Harald Dannenmayer und Horst Bechtold. Und nicht zuletzt Herr Ernst Frey, der Mitarbeiter der damals noch existierenden Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege. Ihm habe ich zugearbeitet. Insgesamt ein personelles Glück, welches auch nicht zu jeder Zeit erfüllt werden kann.

Wie weit ist der Rahmen gesteckt, die ein Naturschützer zu bedenken hat? Er darf gar nicht erst anfangen, über eine Begrenzung seines Engagements nachzudenken. Fachkundige Führungen vor Ort sind ebenso wichtig, wie die Gespräche mit den Parteien, die Einflussnahme auf die Ämter und die Abstimmung mit den Nutzern des Geländes. Die Öffentlichkeit ist über die Medien und Vorträge zu informieren. Das ist anstrengend, bringt den Akteur irgendwann mal an seine Leistungsgrenzen.

Bis heute ist der Schutz der Natur ein irritierender Anspruch an eine Gesellschaft geblieben, deren Mitglieder - wir also - ein erhöhtes Begehren an die Erfüllung unserer ganz persönlichen Wünsche nicht aufgegeben haben. Werbung, Schlager, Boulevard prägen immer einflussreicher die Erwartungen. Wir Naturschützer predigen Verzicht auf Nutzungen, auf Annehmlichkeiten auf Prestige. Wir stehen gegen ein auf bloße Wunscherfüllung getrimmtes Lebensgefühl.

Da ist nach der Euphorie der achtziger Jahre einiges auf der Strecke geblieben. In der Demokratie empfinden viele - deutlich erkennbar - die im Kompromiss erzielten Teilerfolge als Vollniederlagen. Sie fühlen sich zurückgesetzt. Sie wollen 100 Prozent. Sie setzen auf Konfrontation und damit auf das Ende der Grundlagen der Demokratie.

Uns bleibt nach wie vor der Versuch, für die Verzichte zu Gunsten der Natur zu werben. Das Thema, fürwahr durchdiskutiert, ist nicht angekommen. Jedes Umweltprogramm ist blamabel am Fristablauf gescheitert. Den Fehlschlag verbirgt man gerne hinter der Dringlichkeit anderer Anliegen. Die Grünen haben sich ja auch anpassen müssen. Heute ist der leistungsfähigste Industriezweig Deutschlands auch für sie ein anerkannter Partner. Hoffentlich müssen wir niemals erleben, dass eintritt, was bisher bei Klima und Artenvielfalt noch nur befürchtet wird.

Es könnte sein, dass Sie es in meinen Internetbeiträgen gelesen haben: Ich setze nicht, nicht mehr, auf die Psychologie des Mitnehmens. Ich setze auf Darlegung der Signale, die die Gründe für das Versagen des Naturschutzes offenlegen. Das ist nicht beliebt, weil es mühsam errichtete Rechtfertigungsgebäude in Frage stellt. Mir scheint aber, dass die Bastler an egozentrischen Persönlichkeitsmodellen immer eine Nasenlänge voraus sind.

Der Bastler an seinem „Ich“ fühlt sich durch die Anforderungen des Naturschutzes gestört. Nachdenken beim Verbrauch, beim Reisen, beim Genießen, bei allem, was uns in unserem Raum glückliche Umstände bieten, das stört doch nur. Wir verpflichten uns schon am Arbeitsplatz Tag für Tag in vorgegebene Organisationen. Dafür können wir ungestörten Ausgleich in unserer Freizeit erwarten. In unserem Privatleben wollen wir selbst bestimmen, genießen. Hier leben wir, im Jetzt und Heute. Was Morgen sein wird, weiß doch keiner.

Die Zuneigung zum Natürlichen ist für uns, so glaube ich, ein Anliegen des Herzens. Für manche ist es das Ergebnis eines Lernprozesses. Dazu bedarf es der zustimmenden Worte der Verantwortlichen in Politik und Verwaltung. Doch sie bleiben aus. Ebenso wie die ausreichende Besetzung in den zuständigen Ämtern.

Wir werden als Lobbyisten verstanden, deren Stimme im Kontext mit dem anderen Anliegen abzuwägen ist. Steigende Ansprüche an die Infrastruktur, den Wohnbedarf, die Nahrungsmittelversorgung, an Unterhaltung, an Erholung erwarten immer wieder eine befriedigende Erfüllung. Drängen die Notwendigkeiten für den Erhalt der Artenvielfalt auf die hinteren Plätze.

Schaut Euch um. Schaut Euch um, was uns das Leben erleichtert, verschönert, lebenswert macht. Auch ich finde keinen Weg zurück in die anstrengenden Zeiten der Selbstversorgung. Auch mein Lebensstil reicht nicht aus, die derzeitigen Lebensbedingungen auf Dauer zu erhalten. So bin auch ich kein Vorbild. Vielleicht ein bisschen: Kein Auto, Einkauf bei Füllhorn, Mülltrennung, Reisen mit dem Zug. Doch das ist mehr ein Diener vor den Leistungen, die die moderne Medizin für meine Gesundheit erbracht hat. Auf Kosten der Gemeinschaft der Versicherten. In einer leistungsfähigen Gesellschaft, die neben meiner Gesundheit dafür sorgen kann, dass ich fürs Nichtstun Monat für Monat eine passable Rente erhalte. Könnte das System diese Leistung erbringen, wenn Audi, Mercedes und VW nicht so erfolgreich Autos absetzen würden?

Was nehme ich mit, aus diesen vielen Jahren? Die Zusammenarbeit mit Harald und Horst. Mit beiden habe ich Exkursionen durchgeführt und Vorträge gehalten. Mit Horst habe ich das Feldhasenprojekt ins Leben gerufen. Noch einer wäre zu nennen, der immer da war, wenn es was anzupacken galt.  Willi Boldt, einer der nicht gefragt, sondern angepackt hat. Ohne seine Kraft wäre manches liegen geblieben.

Dieser Tage habe ich mich aus dem aktiven Naturschutz zurückgezogen. Nur noch Betrachten, ohne sich aufzuregen? Mal sehen, ob mir das gelingt*. 

Meine Aufgabe übernimmt Dr. Peter Müller, mit dem ich nun schon seit ein paar Jahren die Burgau durchstreife. Er kann sowohl die sachkundige als auch die politische Seite des Naturschutzes bedienen. Ich wünsche ihm viel Spaß und viel Erfolg als Schutzgebietsbetreuer. 

 * Es ist mir nicht gelungen.

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Karlsruhe, den März 2019-03-16

max.albert@mail.de

 

 

 

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Max Albert, NABU Gruppe Karlsruhe  | max.albert@mail.de